Angst vor Kontrollverlust? So verstehst du deine Gedanken und Gefühle besser
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Das Gefühl von Kontrollverlust begleitet viele Menschen mit einer Angststörung.
Es kann sich dabei auf die Angst beziehen, die Kontrolle über seinen Körper oder seinen Verstand zu verlieren.
Heute möchte ich über den situativen Kontrollverlust schreiben, indem wir oft Angst haben, dass uns die Angstsymptome überrumpeln.
Also immer dann, wenn wir etwas nicht einschätzen können, bekommen wir Angst, weil sich die Situation unserer Kontrolle entzieht.
Das können wie immer völlig normale Alltagssituationen sein. Aber durch die Angststörung werden diese zu einer echten Herausforderung.
Eine, die wir aber nach und nach bewältigen können.
Ich hatte vor kurzem selbst mal wieder so eine Erfahrung und bin ganz froh, wie ich das letztlich für mich lösen konnte.
So, dass die Angst nicht die Kontrolle übernahm, sondern ich.
In diesem Artikel möchte ich darüber sprechen und hoffe, du kannst aus meiner persönlichen Erfahrung etwas für dich mitnehmen.
Ein Abend gerät außer Kontrolle, oder doch nicht?
Ich hatte geplant, mit Freunden einen entspannten Abend in einem ruhigen Lokal zu verbringen, bevor alle in den jährlichen Weihnachtsmarathon starten und keine Zeit mehr haben.
Essen gehen ist für mich grundsätzlich machbar und fast normal. Aber, wie mir jetzt auffiel, nur, wenn ich die Bedingungen kenne und vielleicht auch selbst vorher festlegen kann.
Ich blickte dem Ganzen also entspannt entgegen, bis jemand aus der Gruppe die Location wegen diverser Nahrungsmittelunverträglichkeiten änderte.
Aus dem ruhigen Lokal wurde plötzlich ein Hotspot in einem der Szenebezirke Berlins.😬
Mein Stressradar sprang sofort an und feuerte los.
Und das, obwohl ich früher sehr oft dort unterwegs war. Bevor die Angst das Ruder übernahm und völlig normale Dinge zu einer riesen Herausforderung wurden.
Was wirklich passiert, wenn wir die Kontrolle „verlieren“
Viele Menschen mit Angststörungen fühlen sich am wohlsten, wenn sie den Rahmen kennen, in dem sie sich aufhalten. Das ist ja soweit auch ok, aber leider ändert sich das Ganze sofort, wenn dieser sichere Rahmen wegfällt.
Diese innere Nicht-Bereitschaft für Veränderungen, kann zu schrecklichen Gedanken und Gefühlen führen, wie:
- Warum nimmt niemand Rücksicht auf mich?
- Ich will das nicht, ich kann das nicht.
- Es wird schrecklich werden.
- Die Angst wird den Abend/die Situation ruinieren.
- Wieso merkt keiner, dass es mir so schlecht geht?
- Warum können wir nicht das tun, was ich sagte?
- Immer muss ich machen, was andere wollen, obwohl sie doch wissen, dass ich eine Angststörung habe.
Und so weiter und so fort.
Während diese oder ähnliche Gedanken durch deinen Kopf schwirren, beginnt dein Körper Stresshormone auszuschütten. Wenn du in dich hineinspürst, kannst du diese innere Anspannung wahrnehmen:
- Dein Magen zieht sich zusammen
- Deine Muskeln verspannen sich
- Dein Kopf wird warm
- Dein Herz schlägt schneller
Das alles ist Stress. Und Stress ist der fucking beste Freund der Angst. Könnten sie heiraten, sie würden es sofort tun.
Diese innere Anspannung, dieser Stress entsteht immer, wenn wir uns über etwas aufregen. Ganz egal, was es ist.
Daher:
Keep calm and breathe.🧘
Bleib ruhig und atme mal durch.
Denn alles andere führt direkt in die Angsthölle.
Stressen wir uns schon vorher, hat die Angst leichtes Spiel.
Und ich weiß natürlich, das ist viel leichter gesagt als getan. Also sich nicht zu stressen.
Es gehört ja zum Krankheitsbild.
Aber wir können das durchbrechen. Genau so, wie wir die Krankheit letztlich auch heilen können.
Selbstreflexion, Achtsamkeit und Entspannung sind jetzt wichtig, um deine Gedanken und Gefühle zu sortieren.
Denn du musst dringend herausfinden:
Was bist du und was ist die Angst?
Du kannst herausfinden, was wirklich von dir kommt und welche Gedanken und Emotionen die Angst in deinen Kopf setzt.
Ich weiß, es ist verwirrend zu hören, aber du bist nicht deine Gedanken.
Was du in solchen Momenten denkst, ist die Angst in dir, die sich Gehör verschafft.
Denn sie will dich schützen, aber sie will sich auch selbst schützen. Sie will überleben. Deshalb hält sie sich hartnäckig in deinen Gedanken und deinem Körper.
Das Problem?
Sie zieht dich aus dem Hier und Jetzt in eine angsterfüllte Zukunft, die nur in deinem Kopf existiert.
Für meinen anstehenden Abend habe ich mich daher hingestellt und meine Gedanken und Gefühle durchleuchtet.
Wie ich die Angst enttarnt habe und die Kontrolle zurückgewann
Unter dem lauten Geschrei der Angst in meinem Kopf musste ich erstmal zu meiner eigenen Stimme zurückfinden.
Was denke ich eigentlich wirklich, wenn die Angst mich nicht steuert?
Zuerst atmete ich tief durch, dann habe ich mir bewusst folgende Fragen gestellt:
- Habe ich den Leuten je gesagt, wie schwer spontane Änderungen für mich sind? – Nein
- Wann hat die Angst das letzte Mal wirklich einen Abend ruiniert? – Es ist Jahre her
- Würde ich solche Gedanken haben, wenn ich keine Angststörung hätte? – Nein
- Bin ich wirklich sauer auf meine Freunde oder spricht da die Angst? – Natürlich ist es die Angst
- Bringt es mir etwas, mich schon Tage vorher zu stressen? – Nope
- Kann ich etwas gegen den Stress tun? – Ja!😃
- Werde ich in Zukunft kommunizieren, was mir schwerfällt? – Ja
- Werde ich der Angst nochmal glauben, dass ich etwas nicht kann?
Ja und nein.
Die Angst ist zu unserem Schutz da.
Das heißt, ihr Radar kann ja durchaus auch mal richtig liegen.
Aber in diesem Fall ist es eher die Angst vor der Angst, die reinkickt.
Wenn du in dich hineinspürst und die Wahrheit annimmst, kannst du die Angst-Gedanken vielleicht klarer erkennen.
Du wirst merken, dass sie dich bescheißen.
Und das du auch anders denken kannst.
Du entscheidest darüber.
So habe ich schon meine Depression besiegt und daher ist es naheliegend, dass auch die Angst zurückweicht, wenn ich aufpasse, wer da denkt und fühlt.
Noch viel schwerer zu knacken, ist aber dieses innere Gefühl, dass deutlich dagegenhält und sich zur Wehr setzt. Etwas, dass deine neue Klarheit nicht einfach akzeptieren möchte.
Aus diesem inneren Gefühl entstehen dann wieder Angstgedanken.
Es ist ein verdammter Teufelskreis aus Angst-Bullshit.
Denn die Angst beschützt nicht nur dich, sondern auch sich selbst.
Sie will sich am Leben halten und weil sie schon in jeder Faser deines Körpers ist und völlig routiniert abläuft, ist es schwer, dieses Gefühl abzuschütteln.
Dieser nagende Zweifel, der doch wieder nur eines zum Vorschein bringen will:
Angst.
Ich habe dieses Gefühl beim genauen Beobachten zum ersten Mal richtig doll wahrgenommen.
Leider hatte ich dem diesmal noch nichts so richtig entgegenzusetzen, daher entschied ich mich für folgende Idee:
- Ich tue nicht so, als würde ich mich wahnsinnig auf den Abend freuen. Belüge mich also nicht selbst.
- Ich nehme das unangenehme Gefühl wahr, lasse es aber nicht Überhand gewinnen.
- Ich probiere, neutral zu bleiben und nicht zu werten, denn das bringt die Gedanken zurück.
Diese bewusste Entscheidung, kombiniert mit Atemübungen und Meditation, brachte mich zurück in den gegenwärtigen Moment und raus aus dem Horrorszenario der Zukunft, welches sich die Angst überlegt hatte.
Der Abend unter Kontrolle
Am Tag der Verabredung spürte ich nur eine leichte innere Anspannung. Auch mein Appetit war etwas geringer, aber die Angst? Die blieb weg. Yay🥳
Kurz bevor ich losging, nahm ich mir nochmal zwei Minuten Zeit, um bewusst zu atmen.
Das hilft dem Körper, den Stressmodus zu verlassen und mir, mich im Hier und Jetzt zu verankern.
Der Stressmodus, in dem wir uns befinden, wenn wir den Angstgedanken und Gefühlen erlauben, uns zu überwältigen, zieht uns raus aus dem gegenwärtigen Moment.
Er zieht uns in eine Zukunft, die voller Angst ist.
Ziehen wir uns aus diesem Modus heraus und enttarnen die Angst, können wir im gegenwärtigen Moment bleiben und sehen, was Wirklichkeit ist.
Zusammengefasst lässt sich also sagen:
Erkenne die Angst
Die Gedanken, die dir einreden, du schaffst etwas nicht, sind nicht deine. Es ist die Angst, die sich lautstark Gehör verschafft.
Sei ehrlich zu dir selbst
Stell dir Fragen, die dir Klarheit bringen. Was kommt von dir, und was ist die Angst? Finde deine innere Stimme wieder.
Bleib im Hier und Jetzt
Atemübungen und bewusstes hinschauen und hinhören, helfen dir, die Gedanken zu stoppen und den Stress zu reduzieren.
Kommuniziere deine Bedürfnisse
Sag den Menschen um dich herum, was dir schwerfällt. So können sie dir helfen und es findet eine bessere Kommunikation statt.
Sei geduldig mit dir selbst
Es ist okay, wenn die Angst manchmal noch gewinnt. Das tat sie bei mir ja auch sehr lange. Aber mit etwas Übung wirst du immer stärker und kannst sie besser kontrollieren.
Fazit
Die Angst will dich schützen, aber oft übertreibt sie halt maßlos und verzehrt deine Realität. Indem du lernst, deine und ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu unterscheiden, kannst du aus dem Teufelskreis aussteigen.
Es ist nicht immer leicht, aber es lohnt sich. Das durfte ich wieder einmal lernen und hoffe, dass du etwas für dich mitnehmen kannst.
Viel Erfolg und bleib tapfer,
Janin